| Prävention & Arbeitsschutz

„Bei Abstürzen nach innen muss man kreativ werden“

Gruppenfoto auf Luftkissen: Die Zimmerer-Azubis der BZ 12a und vorne (v.l.) ÜBA-Ausbilder Anton Höck, Obermeister Michael Andrä und Geschäftsführer Roland Streim.

Sie sind gelb, bestehen aus Luft und sollen schwere Verletzungen bei Abstürzen aus geringer Höhe verhindern: Über zehn dieser Luftkissen freute sich das Bildungszentrum Weilheim der Handwerkskammer für München und Oberbayern am 3. Dezember 2020.

 

Finanziert und gefördert wird die Aktion aus Mitteln des Bayerischen Zimmerer- und Holzbaugewerbes mit Unterstützung durch die Bayerische Bauwirtschaft. In Großbritannien werden die Luftsäcke zur Absturzsicherung nach innen schon seit Jahren genutzt.

 

Wann werden die Luftsäcke verwendet?

 

Eingesetzt werden sie vor allem bei Arbeiten in Höhen von bis zu drei Metern, etwa beim Deckenbalkenverlegen - wenn eine Absicherung mit Gerüst, Lifeline-System oder Fangnetzen aus technischen Gründen nicht funktioniert, erklärte LIV-Referent für Prävention Andreas Kraft.

 

Die Luftkissen der Firma „sayfasystems“ wurden aus Großbritannien angeliefert. Kraft baute den Kontakt auf: „Der große Vorteil ist, dass man die Luftkissen schnell aufblasen kann - das Herauslassen der Luft nach dem Einsatz geht genauso zügig. Und: Die Kissen eignen sich für verschiedene Flächen, unabhängig von Form und Größe.“

 

Praxistest aus luftiger Höhe: Azubi Michael Hintner vor der Landung auf den Luftsäcken.

Die Praxistauglichkeit wurde mehrfach getestet - vom Obermeister der Zimmerer-Innung Oberland Michael Andrä und weiteren Azubis im 3. Lehrjahr der Klasse BZ 12a. Zunächst pumpten sie die Kissen mit einem Gebläse auf, pro Luftsack dauert das rund 30 Sekunden.

Obermeister Andrä: "Es ist auf jeden Fall besser, als auf den knallharten Boden zu fliegen“

Dann wurden die Säcke durch Steckverschlüsse miteinander verbunden. Auf der Baustelle wird das Gebilde unter eine Gefahrenstelle geschoben. Wenn Zimmerer/Zimmerinnen abstürzen, landen sie auf den Luftsäcken, wie Obermeister Andrä.

Er sprang von einer Leiter darauf und sagte nach dem Praxistest: „Als ich auf die Kissen gefallen bin, habe ich schon ein bisschen Widerstand gemerkt. Aber es ist auf jeden Fall besser, als auf den knallharten Boden zu fliegen“ – vor allem für das Arbeiten in Nischen eignen sich die Säcke, so Andrä.

Studie zeigt: Luftsäcke verhindern schwere Verletzungen beim Absturz

Eine Studie aus 2019 hat Unfallberichte zu solchen „Soft Landing Systems“ untersucht: "Und dabei wurden keine lebensbedrohlichen Unfälle festgestellt. Mit einer Ausnahme gab es nur Prellungen und Zerrungen bei Unfällen mit den Luftsäcken, wenn der Abgestürzte beim Fall nicht an andere Bauteile geprallt oder von herabfallenden Gegenständen getroffen worden ist.“

Auch ÜBA-Ausbilder Anton Höck zeigte sich überzeugt, denn: „Es passieren immer wieder Abstürze nach innen. Um sie zu verhindern, muss man kreativ werden. Die Luftkissen sind da auf jeden Fall eine Möglichkeit“, und: „Wir werden schauen, wie wir sie etwa bei den Unterrichtseinheiten Absturzsicherung und Holzrahmenbauweise einsetzen können.“

„Ich bin auf den Luftsäcken weich gelandet“, berichtet Azubi Valentin Wildmoser.

Das sagen die Zimmerer-Azubis zu ihrer Landung auf den Luftkissen:

  • Markus Essig: „Die Luftkissen haben meinen Fall gut abgefedert. Es ist besser, als direkt auf den harten Boden zu knallen“
  • Valentin Wildmoser: „Die Landung hat nicht wehgetan, ich bin auf den Luftkissen weich gelandet. Ich denke, man kann sie vor allem in Innenräumen gut verwenden“
  • Hannes Wunsam: „Als Zimmerer bin ich bisher noch nie heruntergestürzt. Aber ich denke die Luftkissen sind eine gute Lösung, um einen Absturz abzufedern. Denn mir hat nach meiner Landung nichts wehgetan“

Ein Zimmerer, ein Luftkissen – so wurden die Säcke zur Absturzsicherung nach den Praxistests im BZ Weilheim wieder abtransportiert.

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