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Vier Jahrzehnte als ÜBA-Ausbilder
Rund 2500 Zimmerer/Zimmerinnen hat Hans Wittmann am Bildungszentrum der Handwerkskammer für Mittelfranken in Ansbach ausgebildet. Demnächst geht er nach vier Jahrzehnten in den Ruhestand. Im Interview erzählt er, warum es für ihn ein Traumberuf war und wie sich das Zimmererhandwerk in den vergangenen 40 Jahren verändert hat.
Herr Wittmann, nach vier Jahrzehnten am Bildungszentrum Ansbach ist am 30. Juli Ihr letzter Arbeitstag. Wie geht’s Ihnen damit?
Hans Wittmann: Ich habe gemischte Gefühle. Nach 40 Jahren fällt der Abschied nicht so leicht. Für mich war das nicht nur ein Job, sondern mein Traumberuf. Mir hat es immer Spaß gemacht, jungen Menschen etwas zu zeigen und zu sehen, wie sie sich entwickeln. Erst vor kurzem hat mir ein ehemaliger Azubi geschrieben, dass er jetzt in Singapur Holzhäuser plant – das freut mich natürlich.
Wie war Ihr eigener Werdegang?
Ich wollte eigentlich gar nicht Zimmerer werden, sondern Koch (lacht). Aber nachdem mein Vater früh verstorben ist, habe ich meinen Bruder in unserer familieneigenen Zimmerei unterstützt. Als ich in der Meisterschule war, wurden die ÜBA gerade aufgebaut und ich wurde gefragt, ob ich dort Ausbilder werden möchte. Also fing ich 1981 – noch recht jung – mit 24 Jahren an und war seit 2008 Leiter des Bildungszentrums. Meine Werkstatt am BZ musste ich damals komplett einrichten und Lehrpläne gab es damals auch nicht.
Oje, das klingt nach viel Arbeit…
Ja, ich habe damals meinen Kollegen im BZ Nürnberg gefragt, was ich unterrichten soll. Er hat mir geantwortet: „Frag die Azubis einfach, was sie in der Berufsschule gemacht haben und dann machst Du einfach was anderes“ (lacht). Wir haben dann erstmal Lehrpläne erarbeitet. Und die mussten im Berufsbildungsausschuss des Landesinnungsverband (LIV) immer wieder angepasst werden, weil sich in den vergangenen 40 Jahren im Zimmererhandwerk viel getan hat.
Inwiefern?
Ende der 80er sind zum Beispiel Abbund-Programme dazugekommen, deshalb brauchten wir Computer-Kurse. Wir mussten nicht nur das Handwerkliche unterrichten, sondern zunehmend das Technische. Außerdem kam neben der Skelett- und Ständerbauweise der Holzrahmenbau dazu, den unsere Azubis lernen.
Auch die Bauphysik wurde immer wichtiger. Eine weitere positive Entwicklung: Die Maschinen sind viel sicherer geworden. Früher kannte man kaum einen Holzfachmann, dem nicht ein Finger gefehlt hat – das ist heute ganz anders!
Haben sich auch die Jugendlichen in den vergangenen Jahrzehnten verändert?
Mit den Zimmerer-Azubis war ich sehr zufrieden. Ich habe mir immer bewusst gemacht: Als wir jung waren, haben wir auch anders gedacht. Auffällig ist, dass immer mehr junge Frauen Zimmerin werden. Am Anfang hatten wir ganz, ganz selten ein Mädchen im ÜBA-Jahrgang, jetzt haben wir vier bis fünf und die machen ihre Arbeit sehr gut! Und die Jungs verhalten sich auch mehr gentlemanlike, wenn Zimmerinnen in der Klasse sind.
Welche Erlebnisse bleiben Ihnen besonders im Kopf?
Es war immer schön, mit den Azubis auf Messen zu gehen oder bei Leistungswettbewerben dabei zu sein. Da habe ich mich mitgefreut, wenn jemand Landes- oder Bundessieger geworden ist. Das ist für uns Ausbilder ein besonderer Lohn, wenn wir sehen, wie sich die Leute weiterentwickeln.
Auch im Ruhestand wollen Sie vereinzelt als Ausbilder aushelfen. Was haben Sie sonst noch vor?
Ich werde Asbest-Sachkundelehrgänge beim LIV halten. Außerdem habe ich einen Wald und ein Anwesen, das ich ein bisschen auf Vordermann bringen werde. Und vielleicht kann man demnächst ja wieder verreisen…
Und wie läuft Ihre Verabschiedung in Pandemie-Zeiten ab?
Vielleicht kann ich eine Feier nachholen, denn so sang- und klanglos wollte ich eigentlich nicht abtreten. Stattdessen wollte ich mich bei allen bedanken, die mich in dieser Zeit begleitet haben. Aber mal sehen.
Ihr Nachfolger in der Ausbildung wird Stefan Schneider, der bisher am BZ Nürnberg unterrichtet hat. Was geben Sie ihm mit auf den Weg?
Stefan war bei mir in der Ausbildung und macht das in meinem Sinne weiter! Es läuft also so weiter, wie ich es mir vorgestellt habe – das freut mich.