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Virtuelle Bühne für das Zimmererhandwerk

Am Feierabend sehen Zimmerer/Zimmerinnen, was sie geschaffen haben: Um das zu veranschaulichen, baute Betz während des virtuellen Theaters eine Leonardo-Brücke.

Fünf Tage, 20 Aufführungen und rund 1800 Zuschauer: Das ist die Bilanz der ersten virtuellen Theatertour von 19. bis 23. April mit Zimmermeister Richard Betz, die der LIV mitorganisiert hat. Betz erzählt: „Es war schon sehr anstrengend. Aber so konnte ich in relativ kurzer Zeit sehr viele junge Menschen erreichen.“ Und die hatten einige Fragen an den aufgeschlossenen Zimmerer.

Seit 2016 führt der Landesinnungsverband die Theatertour „Mit Herz und Hand“ mit Richard Betz in Bayern durch. Pandemiebedingt wurde die Aufführung „Hand und Werk“ heuer über YouTube live übertragen. Im Vorhinein hatte der LIV bayerische Schulen über die Termine informiert.

Vorhang auf für den Zimmermeister! Als Spielort diente die Bühne des Kulturhauses Kassel.

Live-Übertragung aus professioneller Theaterkulisse

An fünf Wochentagen zu jeweils vier Terminen schalteten sich rund 1800 User zu: „Wer zugeschaut hat, kann man leider nicht sagen“, so Betz: „Das waren wohl einzelne Schüler daheim am Laptop und Schulklassen um den Beamer versammelt.“

Für die Jugendlichen ist die Berufswahl meist eine schwierige Sache. Diese Thematik behandelte auch das Theaterstück, die Ausgangsfrage war: „Was ist der Sinn des Lebens?“, die Zimmerer-Azubi Joe seinem Chef Richard Betz stellte. Seine Antwort darauf: „Authentizität!“ - also den eigenen Weg gehen. Wie Zimmermeister Betz diesen gefunden hat, erzählte er – authentisch in Kluft – in den kommenden 30 Minuten.

Als Theaterkulisse nutzte er die professionelle Bühne im Kulturhaus Kassel: „Das war sehr praktisch, weil dort eh schon 50 bis 60 Scheinwerfer an der Decke hängen, so dass alles perfekt ausgeleuchtet war.“ Die Studiotechnik übernahm ein befreundeter Künstler, mit dem Betz gerade eine Scheune zum Atelier umbaut.

Kurz vor der Aufführung wurde schnell nachgepinselt: Das Bühnenbild für sein Stück "Hand und Werk" hat Richard Betz selbst entworfen.

„Handwerk ist uncool!?“ - Betz liefert Gegenargumente

Um das Bühnenbild kümmerte er sich selbst: Dafür stellte er eine Holzwand auf und klebte ein provokatives Banner darauf mit „Handwerk ist uncool!?“. Betz lieferte Gegenargumente: „Das Zimmererhandwerk ist abwechslungsreich, ich arbeite im Freien und in einem kleinen Team, wo man keine Nummer von vielen ist.“

Und einer der größten Vorteile: Man sieht am Feierabend, was man geschaffen hat. Betz veranschaulichte das während der Aufführung und baute eine Leonardo-Brücke - zeitgleich zu seinen Erzählungen.

Im YouTube-Chat gab es einige Fragen dazu. Ein Zuschauer wollte wissen, wie es mit den Zukunftschancen im Zimmererhandwerk aussieht. Betz erklärte dazu: „Wer den Beruf lernt, hat sein Leben lang was zu tun, weil es eher zu wenige Zimmerer/Zimmerinnen gibt. Das liegt auch daran, dass klimaneutrales Bauen mit Holz immer wichtiger wird.“

Auch nach dem Gehalt wurde gefragt und, wieviel eine Zimmerer-Kluft kostet. Betz erzählte: „Ich habe meine Kluft in Hamburg maßschneidern lassen, von dort kommt sie auch ursprünglich.“ Dort trugen die Wasserträger früher eine kluftähnliche Garderobe. Diese wurde abgewandelt und später von Schiffszimmerleuten übernommen.

"Mich haben wohl viele Vorurteile vom Handwerk abgehalten": Über diese klärte er die rund 1800 Livestream-Zuschauer auf.

Künftig kann er sich ein Mischformat für die Theatertour vorstellen

Trotz der virtuellen Diskussion freut sich Richard Betz schon darauf, wenn die Theatertour wieder vor Ort an Schulen stattfinden kann. Denn: „Es kribbelt einfach mehr, wenn 150 Zuhörer vor einem sitzen und man kommt intensiver in den Austausch.“

Außerdem kamen in der Vergangenheit auch die Obermeister der jeweiligen Innung zum Stück, sie erzählten den Schülern ebenfalls von ihrem Berufsweg zum Zimmerer: „Es ist Wahnsinn, wie groß das Interesse von Jugendlichen an authentischen Lebenswegen ist.“

Wenn sich das Corona-Risiko reduziert, kann er sich eine Mischung aus virtueller und Präsenz-Theatertour vorstellen: „In der Vergangenheit bin ich etwa acht Wochen durch Bayern getourt. Denn wir hatten sehr viele Anfragen von Schulen und konnten die zum Teil garnicht bedienen. Diesen Schulen könnten wir künftig anbieten, dass sie sich bei einer Videoaufführung zuschalten.“

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