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"Wir können die praktische Ausbildung nicht online durchführen"
Der Unternehmerverband Bayerisches Handwerk kritisiert, dass Überbetriebliche Ausbildungszentren gegenüber Hochschulen aktuell schlechter gestellt sind. Weil in letzteren praktische Ausbildungsabschnitte in besonderen Labor- und Arbeitsräumen durchgeführt werden, wenn die Teilnehmer einen Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten und Masken tragen. Wie sehen Sie die Lage?
Posselt: Das sehe ich genauso. Wie schon erwähnt haben wir sehr gut durchdachte Hygienekonzepte, die eine Durchführung von praktischen Ausbildungskursen ermöglichen würden. Diese würde ich zunächst nur für die Azubis des 3. Lehrjahrs anbieten, um durch kleinere Gruppen ein größeres Maß an Sicherheit zu haben. Jeder Kontakt, der nicht unbedingt nötig ist, sollte vermieden werden. Sinken die Infektionszahlen weiter, müssten die weiteren Ausbildungsjahre so schnell wie möglich wieder praktisch geschult werden.
Weigl: Ich denke, dass diese Schieflastigkeit nicht bewusst entstanden ist, sondern in der Eile der Maßnahmenbeschlüsse passiert ist und in Kürze korrigiert wird.
Bieten Sie aktuell Online-Unterricht an?
Posselt: Eine Vermittlung von praktischen Inhalten übers Internet ist nicht vorgesehen und schwer umzusetzen. Die einzige Möglichkeit wären Kurzvideos, um den Azubis bestimmte Tätigkeiten näherzubringen. Der Erfolg ist zweifelhaft, denn praktische Tätigkeiten lerne ich am besten haptisch unter Anleitung. Dies kann nicht am Monitor stattfinden, sondern muss während des Lockdowns von den Ausbildungsbetrieben geleistet werden. Natürlich unterstützen wir diese auf Nachfrage mit praktischen Übungsaufgaben.
Weigl: Praktische Inhalte und Übungen sind online schwer zu vermitteln. Deshalb bin ich mit einigen Betrieben in Kontakt, damit die Azubis dort zumindest Teile der praktischen Themen üben. Wenn die Zeiten nicht besser werden, werde ich Lehrvideos erstellen. Ideen dazu habe ich schon.
Was bedeutet die ÜBA-Schließung für die Azubis?
Posselt: Für die Lehrlinge ist das ein großes Dilemma. Je nach Qualität des Ausbildungsbetriebs kann die Vorbereitung auf die Gesellenprüfung sehr unterschiedlich sein. Hier zeigen sich die Vorteile einer zentralen Vorbereitung auf das Ausbildungsziel in der überbetrieblichen Ausbildung. Leider fallen die Ausbildungszentren bei den Überlegungen der Regierung zu den Beschränkungen immer etwas hinten runter. In den Regel- bzw. Berufsschulen gab es in der Vergangenheit Ausnahmen für die Abschlussklassen. Das würde ich mir auch zum Wohl der Auszubildenden im 3. Lehrjahr, die im Sommer ihre Gesellenprüfung ablegen, wünschen.
Solange das Ausbildungszentrum geschlossen ist, müssen die Azubis mehr Eigenverantwortung zeigen. Ich rate ihnen mit ihren Ausbildern zu überlegen, wie trotz der Lockdown-Phase eine gute Vorbereitung auf die Prüfung gelingen kann. Gerne stehen wir dabei zur Seite.
Weigl: Da fehlt ein wichtiger Baustein in der Ausbildung. Manche Lehrlinge sind für den Distanzunterricht der Berufsschule noch nicht selbständig und konsequent genug, um im Homeoffice die Lerninhalte zu vertiefen. Somit fehlen schon schulische Inhalte. Wenn nun auch die "Überbetriebliche" ausfällt, fehlen den Lehrlingen viele theoretische und praktische Inhalte. Die überbetriebliche Ausbildung wurde ja genau deswegen ins Leben gerufen - um Themen zu vertiefen, welche der Ausbildungsbetrieb zum Beispiel wegen fehlender Ausstattung, oder anderen Arbeitsschwerpunkten nicht vermitteln kann.